anzeige

Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
Börsennotizbuch random header image

George Soros: “Die Todesspirale ist nicht vom Tisch”

15. April, 2010 · 3 Kommentare

Ich denke, dieses lange und ausführliche Interview mit George Soros sollte man sich nicht entgehen lassen.

Im Rahmen des Events “City Lecture” in London, organisiert vom Wirtschaftsmagazin The Economist, spricht der bekannte Investor und Philanthrop über zahlreiche Themen — von der Griechenlandkrise und dem EU-Rettungspaket über die generellen Probleme der Eurozone, “Marktglaube” und Finanzmarktregulierung bis hin zu China und der Weltwirtschaft.

Darin sagt er, dass auch nach dem Rettungsplan für Griechenland die Gefahr einer “Todesspirale” noch lange nicht gebannt ist.

[ Klick auf die Grafik führt zur Video-Seite bei Bloomberg ]

George Soros: Interview

Kurze Zusammenfassung:

  • Das heutige Problem mit Griechenland war ein Problem auch zur Zeit des Bretton-Woods-System: Noch damals wurde klar, dass eine gewisse Symmetrie zwischen kapitalexportierenden und kapitalimportierenden Ländern gegeben sein soll.
  • Soros findet die im “Hilfspaket” für Griechenland angebotenen Zinsen zu hoch. 5% mögen unter den aktuellen Marktzinsen liegen, sind aber immer noch zu hoch. Wenn man zu hohe Zinsen verlangt, kann man auch ein solventes Land in große Schwierigkeiten bringen, sogar in die Insolvenz. Dies ist eine typische Marktreaktion: Wenn der Markt Zweifel an der Solvenz hat, verlangt er höhere Zinsen und verschärft damit das Solvenzproblem weiter (die sog. “Todesspirale”). Das Hilfspaket sollte hier ansetzen und diesen Kreis unterbrechen, hat es aber nicht — zumindest nicht in aller Deutlichkeit — getan.
  • Die Situation in Griechenland kann nicht mit anderen Währungskrisen (etwa in Asien oder Argentinien) verglichen werden — wegen der Gemeinschaftswährung.
  • Der Prozess der europäischen Integration war immer ein Prozess der kleinen Schritte: Man hat immer “politischen Willen” nur für relativ kleine Schritte mobilisieren können, wohl wissend dass die jeweilige Maßnahme u.U. unzureichend ist und einen weiteren Schritt nach sich ziehen muss. Nach einiger Zeit wird diese Notwenigkeit offensichtlicher, und es kann wieder politischer Wille mobilisiert werden, um die nächste Stufe zu nehmen. So wurde aus der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl die EU und später die Eurozone.
  • Wenn man einen Gemeinschaftsmarkt hat, ist eine Gemeinschaftswährung meist vorteilhaft. Aber für eine “vollwertige” Währung sind zusätzliche Voraussetzungen notwendig. Die Krise hat gezeigt, dass es an der Zeit ist, den “nächsten Schritt” zu einer “vollwertigen Währung” zu unternehmen. Die Frage ist, ob der politische Wille stark genug sein wird, um diesen nächsten Schritt zu gehen. Es wird sich dabei wahrscheinlich um eine Art Institution handeln, die sich zukünftig um Länder kümmert, die in finanzielle Schwierigkeiten (disbalance) geraten.
  • Die Spannungen zwischen Deutschland und den restlichen EU-Ländern entstehen aus unterschiedlichen Prioritäten: Die größte Sorge der Deutschen ist (nach wie vor) die Inflation, d.h. die Entwertung der Währung, während die anderen Staaten viel mehr Angst um die Konjunktur (das Wachstum) haben.
  • Grundsätzlich haben die Griechen substanziellen Spielraum für Ausgabenkürzungen (denn es wurde auch viel verschwendet und misswirtschaftet).
  • Das größere Problem schlummert jedoch in Spanien.
  • Grundsätzlich ist in der Krise Folgendes passiert: Die privaten Schulden wurden auf die Staaten aufgebürdet (ein Gedanke, den ich übrigens hier bereits mehrmals geäußert habe).
  • Grundsätzlich erwartet Soros in den kommenden Jahren ein nur moderates Wachstum in der entwickelten Welt. Zunächst dürften sich die USA etwas schneller aus der Rezession erholen, weil die europäischen Regierungen ihre Wirtschaften zu wenig stimulieren und sogar pro-zyklisch sparen wollen. Insgesamt wird es aber bei unterdurchschnittlichen Wachstumsraten bleiben.
  • Interessante Beobachtung: Gewisse Zustände, die eigentlich nicht lange haltbar sein sollen, können in der Realität doch sehr lange Bestand haben. Beispiel Japan: Obwohl die Staatsschulden dort ca. 200% des BIP ausmachen, kann sich Japan zu außergewöhnlich niedrigen Zinsen refinanzieren.
  • Das Problem mit der offensichtlich unterbewerteten chinesischen Währung ist ähnlich der Problematik in der Eurozone, nur größer.
  • Die Finanzmarktregulierung in den USA ist viel “politischer” als etwa in Großbritannien. Deswegen wird sie, vermutet Soros, auch weniger effektiv und nützlich sein. Außerdem sind die 4 dominierenden US-Banken viel zu groß.

Das ist bei weitem nicht alles, aber vorerst soviel…

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt · Mainstream-Media

Tags:, , , , , ,

Vor- und zurückblättern (aktuelle Kategorie) ↓

Anzeige ↓


Verwandte Beiträge ↓



3 Kommentare bis jetzt ↓

Kommentieren: