Eigentlich ein ganz banaler Artikel, welchen ich heute im Handelsblatt gelesen habe: „Seid nett zu den Chinesen“. Ich wollte es nur als Anlass nehmen, zwei wichtige Punkte zum Thema US-Defizite (plus dem dazugehörigen „Zusammenbruch des westlichen Kapitalismus“) hervorheben:
„Wären die USA ein Entwicklungsland, hätte der Internationale Währungsfonds angesichts solcher Zahlen längst den Kredithahn zugedreht, mahnt Chef-Pessimist Stephen Roach von der New Yorker Investmentbank Morgan Stanley. Doch ein anderes Lager, das unter New Yorks Bondhändlern mehr Anhänger hat, zuckt nur die Achseln. Die USA sind nunmal kein Entwicklungsland, sondern die Supermacht mit dem größten Kapitalmarkt der Welt, winken sie ab“.
Ganz richtig – das zweite Lager!… Die USA mit den Maßstäben für Entwicklungsländer zu beurteilen ist natürlich nicht nur eine Frechheit, sondern in meinen Augen einfach ignorant. Irgendwie aus einem falsch verstandenem „Gerechtigkeitsgefühl“ erheben viele die Forderung, die USA mit dem „gleichen Maß“ wie die „anderen“ Ländern zu messen. Nichts gegen objektive und feste Kriterien, aber dieser Versuch ist deswegen so unzulänglich, weil seine Verfechter eine so gewaltige Anzahl von Faktoren, Fakten und Zusammenhänge ausblenden, dass das Ganze sinnlos wird.
Die USA sind eben nicht Nicaragua oder Brasilien oder etwa auch China. Das Entwicklungsniveau, Stabilität und Potenz der US-Wirtschaft haben ganz andere Dimensionen. Dazu kommen die breite und sehr oft dominante Präsenz der amerikanischen Konzerne überall auf der Welt – sie bilden ja zu einem beträchtlichen Teil die neu entstehende wirtschaftliche Kapazität der Entwicklungsländer (dies gilt natürlich auch für die europäischen Großunternehmen, wie das meiste von den oberen Punkten im allgemeinen). Von den politischen und gesellschaftlichen Strukturen ganz zu schweigen.
Der zweite Punkt:
„Warum sollten die Asiaten das tun? Weil sie so den riesigen US-Markt für ihre Waren geöffnet haben, meint Garber. Tatsächlich hört man aus Amerika bislang weniger Klagen über asiatische Dumping-Preise als etwa aus der Europäischen Union. Und in China haben US-Unternehmen Milliarden investiert“.
Der letzte Satz unterstreicht, was ich oben erwähnt habe: der Asien-Boom ist zum substanziellen Teil auch ein Boom der westlichen großen und mittleren Unternehmen. Aber eigentlich wollte ich hierzu die Frage stellen: ist es denn wirtschaftlich unvernünftig und instabil, was tausende von Firmen machen – ihren Kunden den Kauf der eigenen Waren per Finanzierung zu erleichtern/ermöglichen. Die BWL-Experten werden Ihnen schon eine ganze Reihe von Gründen nennen – von Umschlaggeschwindigkeiten unterschiedlichster Art bis Kapazitätsauslastungen, Lernkurveneffekte und noch und noch… Einen Kunden mit der Bonität der USA (wenn sie wollen – auf Privatpersonen übertragen) ist für den VW-Händler (und das Unternehmen selbst natürlich auch) bestimmt weder ruinös noch auf einer konspirativen Notwendigkeit basiert. Warum soll es etwa im Falle Amerika-China nicht ähnlich sein? Die „Kreditierung“ Chinas ermöglicht erst den Aufschwung, den Aufbau von Kapazitäten, Know-how, Wohlstand etc. Rein wirtschaftlich ist die Kreditierung ein starkes Instrument zur wirtschaftlichen Beschleunigung, ohne dessen keine Industrialisierung je möglich gewesen wäre…
Deswegen winken sie die Ängste der Katastrophen-Gurus ab, aber vielleicht doch nicht jetzt gleich US-Bonds kaufen. Die Aktien sind auch attraktiv.
1 Kommentar bis jetzt ↓
Kenneth Rogoff: Parallelen zwischen den Finanzkrisen in den Schwellenländern und den USA von heute • Börsennotizbuch // 18. Feb, 2008
[...] Kenneth Rogoff listet einige Beispiele auf (Haushaltsdisziplin, Rettung von Banken etc.) und meint, die USA täten gut aus der Erfahrung der Schwellenländer zu hören. Nur, entschuldigen Sie, die USA sind kein Schwellenland! [...]
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