Viele Ökonomen sagen seit langem, dass das BIP nicht die beste Kennzahl für die Entwicklung und den Wohlstand einer Volkswirtschaft ist. Viel zu grob, viel zu ungenau und vor allem: viel zu wenig wesentliche Aspekte wie Einkommensverteilung, soziale Wohlfahrt etc. berücksichtigend.
Es gibt dementsprechend Bemühungen, das BIP durch eine andere, ebenso breite, aber aussagekräftigere Kennzahl zu ersetzen. Eine ähnliche Messung gibt es bereits seit Jahren: Der Human Development Index (HDI, den jährlichen Report findet man hier; in meinem Studium musste ich mich damit ausführlich beschäftigen). Bei ihm wird nicht nur die wirtschaftliche Prosperität anhand von Geldbeträgen gemessen, es werden auch die Fortschritte eines Staates in den Bereichen Bildung und Gesundheit mitberücksichtigt.
Jetzt scheint das Thema wieder an Aktualität zu gewinnen. Die globale Krise veranlasst viele, über den “wahren Wohlstand” einer Nation nachzudenken, und eben genauer auf Faktoren zu achten, die diesen Wohlstand besser messen. So lesen wir bei der New York Times über eine Initiative “führender Ökonomen”, die für neue BIP-Alternativen plädieren:
Gross domestic product is an insufficient standard for determining economic health and should be expanded to include measures of sustainability and human well-being, a commission of leading economists said in a report presented to President Nicolas Sarkozy of France on Monday.
The commission, led by two winners of the Nobel for economics, Joseph E. Stiglitz of Columbia University and Amartya Sen of Harvard, along with Jean-Paul Fitoussi, a professor at the Institut d’Études Politiques in Paris, said that economic growth had come to be seen as an end in itself, rather than as the means for increasing human happiness.
What is of “particular concern is when narrow measures of market performance are confused with broader measures of welfare,†the authors said in the report. “What we measure affects what we do; and if our measurements are flawed, decisions may be distorted. Policies should be aimed at increasing societal welfare, not G.D.P.â€
Es ist lobenswert, aber … daraus wird meiner Meinung nichts. Das BIP ist einfach und klar. Und ist in Dollars ausgewiesen. Die Märkte, so wie man sie kennt, werden die tugendhaften Nachhaltigkeit, gerechte Verteilung und Soziales schnell wieder ignorieren. Geschweige denn, dass die neuen Konzepte — wie auch der HDI — ebenso ungenau sind (nur komplizierter)…
PS: Der HDI kann seine Stärken am ehesten bei Entwicklungsländern ausspielen. Bei den Industrieländern wird’s ziemlich schwierig, tragfähige Aussagen und/oder Vergleiche abzuleiten.
3 Kommentare bis jetzt ↓
Saviano // 17. Sep, 2009
Zur Verteidigung einer Alternative zum BIP — ein Kommentar von Joseph Stiglitz in der FTD: Das Maß des Glücks.
Alternativen zum BIP (2) • Börsennotizbuch // 25. Sep, 2009
[...] meinte schon, dass dies nichts wird… aber nicht weil ich es nicht [...]
Platz 22 für die “Lebensqualität” in Deutschland • Börsennotizbuch // 5. Okt, 2009
[...] “Bessere Indikatoren für die Wirtschaftsentwicklung als das BIP” gewidmet (z.B. hier und [...]
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