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Chinesischer Aktienmarkt: kein Sturz vor den Olympischen Spielen?

14. November, 2007 · 7 Kommentare

Der Aktienmarkt in China ist heiß. Das ist keine Neuigkeit. In letzter Zeit erlebt er eine Schwäche-Phase, die noch recht mild ist in Anbetracht der vorherigen Höhenflüge.

Ich habe noch vor Monaten meine große Skepsis gegenüber der Entwicklung der chinesischen Aktienbörsen geäußert. Wie es ziemlich normal ist in Phasen eines Booms — die Warnungen kamen zu früh. Was ich nicht ganz berücksichtigt habe, ist, dass trotz hoher Bewertungen und senkrechter Kursverläufe, die Liquiditätssituation in China für weiteres Aufblasen der Kurse zu positiv war/ist. Die reale Rendite im Reich der Mitte ist praktisch Null, oder sogar negativ. Das treibt die (großen) Ersparnisse der Chinesen in die Aktienmärkte, denn die Renditen der Festverzinslichen können die Inflation kaum decken. Näheres kann man aktuell beim Handelsblatt nachlesen oder auch im früheren Investment Outlook von Dieter Wermuth:

Interest rates are gradually increased but remain extremely low. If the growth rate of nominal GDP – something like 18% – is used as a proxy for the “neutral” policy rate, interest rates are at least 50% below where they ought to be. Rates are going up, but only very gradually. Along the same lines: the reserve requirement ratio for yuan deposits at banks has been increased steadily, to 12.5% at the moment. Given that the monthly trade surplus runs at more than $20bn, this is hardly enough for a neutralization of liquidity growth. Chinese inflation will therefore rise more. The main engine of world commodity demand therefore seems to rev up further.

Wermuth’s Investment Outlook – September 2007 (Link zu Herdentrieb, dort — das PDF-Dokument zum Herunterladen)

Man beobachtet aber die stetige Gegensteuerung der Regierung, die Liquidität (langsam) abzuschöpfen. Die Schritte sind offensichtlich nicht entschieden genug — China lässt eine eigentlich zu hohe Inflation und eine – vermutlich – zu große Aktienblase zu. Einer der Gründe dafür können die Olympischen Spiele sein. China will sich im besten Licht vor der Welt präsentieren und nimmt Geldentwertung in Kauf, um eine heiß wachsende Wirtschaft und euphorische Börse aufrechtzuerhalten. Der Inflationsdruck wird wohl auf diese Weise irgendwann zu Schwierigkeiten führen (vielleicht auch soziale), man spekuliert aber darauf, dass es dazu nicht zu früh kommen wird.

Ich habe das Gefühl, dass auch etliche (wenn nicht die Mehrheit) der Spekulanten am chinesischen Aktienmarkt die Olympischen Spiele als eine Art Meilenstein betrachten und darauf wetten, dass die Kurse mit Hilfe der politischen Entscheider (und der riesigen Finanzmittel der Bank of China) bis dahin gestützt werden (natürlich notfalls, denn bis vor kurzem flogen sie auch “von alleine”).

Für mich sind das nicht ungefährliche Annahmen (Hoffnungen). Zum einen, halte ich es für falsch zu glauben, dass die Regierung (auch in einem zentralistischen Staat wie China) imstande ist, eine Baisse (sollte sie einmal kommen) zu verhindern. Hier kann man wirklich böse Überraschungen erleben.

Außerdem, wenn sich zu viele Akteure auf ein Ereignis einstellen, passiert es häufig, dass genau das Gegenteil eintrifft — in diesem Fall ein Aktiensturz noch vor den Spielen. Das wird mich nicht überraschen.

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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7 Kommentare bis jetzt ↓

  • Nico // 14. Nov, 2007

    Die Kursentwicklung in China ist schon rasant. Ich bin mal gespannt, wohin der sozialistische Kapitalismus noch hin führt.

  • China ist in Bear Market • Börsennotizbuch // 28. Nov, 2007

    [...] Ansonsten hatte ich schon von meiner “düsteren Vorahnung” geschrieben, dass ein Crash wohl eher vor den Olympischen Spielen passieren kann. [...]

  • Chinesische Börse: Letztes Aufbäumen der Optimisten? • Börsennotizbuch // 2. Dez, 2007

    [...] Die Situation ist kompliziert: auf der einen Seite natürlich die boomende Wirtschaft, aber das hat mit der Börse nicht unbedingt direkt viel zu tun. Vor allem dann nicht, wenn die Aktienkurse so stark steigen und so hohe Bewertungen implizieren. Wichtiger hier scheinen die Liquiditätsbedingungen zu sein, und – womöglich – der Wunsch der Regierung (und des Landes), die Lage in China wirtschaftlich, börsentechnisch und politisch wenigstens bis zu den Olympischen Spielen ruhig, so zu sagen “vorzeigbar”, zu halten. Dass es nach der “verkehrten Börsen-Logik” gerade eben zu unruhigen Zeiten vor den Spielen kommen kann – darüber habe ich bereits geschrieben. [...]

  • China Banken - auch Verluste wegen der US-Hypothekenkrise • Börsennotizbuch // 4. Feb, 2008

    [...] Apropos China — der Bullenmarkt ist dort erstmal vorbei, mit etwas Banken-Schwierigkeiten werden wir das (vorläufige) Ende der großen chinesischen Börseneuphorie wahrscheinlich endgültig sehen. Und zwar vor den Olympischen Spielen. [...]

  • Saviano // 28. Mrz, 2008

    Na, wieder zufällig gelesen — es war nicht schlecht! Heute sehe ich, dass Bespoke Investment einen Chart vorbereitet hat: Vergleich zwischen Shanghai Composite (aktueller Rückgang/Sturz) und S&P 500 im Verlauf der letzten großen Baisse (seit März 200):

    Since peaking on October 16, 2007, China’s Shanghai Composite has fallen 40.8% over a period of 109 trading days. To put these losses into perspective, we plotted the Shanghai Composite’s declines along with the declines of the S&P 500 during its nasty bear market from March 2000 to October 2002.

    Schaut doch selber: Link oben.

    Das mit den Olympischen Spielen (Zufall oder nicht) hat schon mal gut geklappt.

  • China: Aktiensturz setzt sich hartnäckig fort • Börsennotizbuch // 18. Apr, 2008

    [...] Es war doch nichts mit dem “die Hausse hält mindestens bis zu den Olympischen Spielen”… [...]

  • China versucht den Aktienmarkt durch Steuerreduzierung zu stützen • Börsennotizbuch // 24. Apr, 2008

    [...] einer ausgewachsenen Baisse im Lande (vor den Olympischen Spielen noch) versuchen die Machthaber offenbar die Stimmung zu bessern: Die Regierung schaffte die Steuer ab, [...]

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