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Vollbeschäftigung – ja?

2. April, 2008 ·

Ein paar Stimmen anlässlich der Beschäftigungszahlen, die uns erfreut haben:

Erstmal was ist Vollbeschäftigung?

Was ist Vollbeschäftigung? Ökonomen sagen: Das ist das Beschäftigungsniveau, das man erreichen kann, ohne dass die Löhne wegen Personalknappheit explodieren. Als grober Richtwert gilt eine Arbeitslosenquote von drei bis vier Prozent.

Vollbeschäftigung ist machbar (FR-Online.de), im FR-Artikel noch Grundsätzliches zur Vollbeschäftigung, einige Daten aus der BRD-Geschichte etc.

Wikipedia dazu:

In der politischen Diskussion wird Vollbeschäftigung meist im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gesehen. Sie wird hier definiert als Nichtüberschreitung eines bestimmten Prozentsatzes der Arbeitslosenquote, z.B. weniger als 2 %. Hat man in Westdeutschland in den Zeiten des Wirtschaftswunders und des Arbeitskräftemangels noch die Ein-Prozent-Marke als Grenze zur Vollbeschäftigung betrachtet, werden seit den 1990er Jahren mehrheitlich Marken von 4, 5 oder gar 6 % als Maßstab genommen. In Regionen mit einem extrem hohen Beschäftigungsgrad können jedoch tatsächlich Arbeitslosenquoten von unter 2 % beobachtet werden (z.B. Südtirol mit einer Arbeitslosenquote von 1.9 %). In Österreich gilt eine Arbeitslosenquote unter 4% als Vollbeschäftigung.

Die tatsächlichen Prozentzahlen für die Definition Vollbeschäftigung liegen zwischen 0,8 und 3 % Arbeitslosigkeit.

Die Überbeschäftigung wird mit einer Prozentzahl von unter 0,8 % Arbeitslosigkeit definiert.

Eine Unterbeschäftigung findet statt wenn die Arbeitslosigkeit über 3 % liegt.

Beide Arten der Definition haben Mängel. Bei der ersten sind Messungen schwierig, bei der zweiten fehlen alle die, die in der Statistik nicht erfasst sind.

Nicht zur Vollbeschäftigung zählt zum Beispiel ehrenamtliche Tätigkeit, diese können auch Arbeitslose haben.

Bei weissgarnix.de etwas herbere Töne: Die “Feelgood Gang” hat wieder zugeschlagen!

Womit wir beim deutschen Dilemma wären: diese Wirtschaft schafft es nicht, annähend alle Arbeitswilligen zu vernünftigen Konditionen zu beschäftigen, weil der alles entscheidende Maßstab die deflationären Preistendenzen an den Weltmärkten sind. Darum geht’s. Insbesondere in den Augen der drei oben genannten Herren, die sich deshalb auch erfolgreich um echte Reformen hinsichtlich der deutschen Binnenwirtschaft drücken können: Flexibilisierung des Arbeitsmarkts, Abschaffung des Subventionsunwesens, Liberalisierung der Handwerks- und Gewerbeordnung, Bürokratie- und Steuererleichterungen für Unternehmensneugründungen. Alleine schon, dass den Deutschen zu kommunizieren wäre ja anstrengend und könnte die politische Landschaft durcheinanderwirbeln, da bleibt man dann wohl doch lieber bei altbewährter Statik, Klientelpolitik nach Gutsherrenart und sozialromantischer Verklärung à la “Die Vollbeschäftigung kommt!”

In der Faz.net wird aber einige Monate in die Zukunft geschaut, und mit einer Rezession in den USA im Hinterkopf sowie angesichts beunruhigender Ankündigungen diverser Unternehmen, Jobs wieder verstärkt zu reduzieren, sieht man den Arbeitsmarkt nicht in Richtung einer Vollbeschäftigung marschieren, sondern “auf der Kippe” stehen:

Der Arbeitsmarkt steht auf der Kippe. Im ersten Quartal haben deutsche Großunternehmen angekündigt, knapp 40.000 Stellen streichen zu wollen. Das geht aus einer F.A.Z.-Auswertung hervor. Wirtschaftsminister Glos sieht Deutschland dennoch „auf dem besten Weg zur Vollbeschäftigung“

Faz.net, Folgen der Finanzkrise. Es droht ein Stellenabbau

Ich erinnere mich, ich habe auch die Jobabbau-Maßnahmen der Unternehmen noch im Dezember mit den Worten kommentiert:

Fängt es wieder an? Es muss noch genauer beobachtet werden, aber irgendwie wird man das Gefühl nicht los, die Unternehmen sind “leicht paranoisch” geworden und reagieren sofort mit Spar- und “Schlank-Machen”-Maßnahmen auf jede kühlere Brise seitens der Konjunktur.

Wenn wir etwas seitdem mit mehr Sicherheit wissen, so ist es, dass die USA tatsächlich in die Rezession (oder etwas, was einer Rezession zur Verwechslung ähnlich aussieht) hineingeraten sind, und dass die Weltwirtschaft (oh, Export!) aller Voraussicht nach bald folgen wird. Die “Paranoia” der Unternehmen hat dies bestimmt nicht gemildert.

(Trotzdem, kann sein, dass uns die Produktivitätsvorteile Deutschlands – die sich in den letzten Jahren durch reales Absinken der Arbeitskosten gebildet haben – über die “weiche Stelle” unbeschadet bringen können).

Kategorien: Gelesen · Wirtschaftsdaten

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